Renault Mégane R.S. (Modell 2011) Testbericht

Angefahren: Renault Mégane R. S. – stolzer GTI-Konkurrent mit 250 PS

3. Januar 2013
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Mit dem Renault Mégane R. S. (Kurzform für “Renault Sport”) will der französische Autobauer nach wie vor die Konkurrenz beleben. Verglichen mit dem obligatorischen Alltagssportler namens VW Golf GTI (211 PS) hat er klar die Nase vorn, was hinsichtlich der Leistungsdaten (250 PS) nicht verwundert. Auf einer Stufe mit dem R32-Nachfolger VW Golf R hingegen (270 PS) sieht man dem Renault Mégane R. S. einige Schwächen an…

Überzeugende Serienausstattung im Mégane R. S. Coupé
Auf den ersten Blick lässt sich der Mégane-Charakter sofort wiedererkennen: Typische Züge im Exterieur deuten klar auf den französischen Hersteller hin, dennoch wurde an einigen Stellen Maßarbeit eingefordert. Die Frontpartie des Renault Mégane R. S. zeigt ein an die Formel 1 angelehntes geschwungenes Leitblech. Optional gibt es zusammen mit Xenon-Scheinwerfern auch moderne LED-Tagfahrleuchten, welche unserem Testfahrzeug leider fehlten. Das wabenförmige Gitter hinter dem Leitblech lässt aber schon in erster Instanz das sportive Herzstück des Renault Mégane R. S. vermuten.

Verglichen mit den Vorgängern kann der Renault Mégane R. S. in dritter Generation als Typ Z optisch weitaus besser punkten als bislang. Ein Blick auf die Seitenlinie zeigt neben der markanten Falz in der Tür auch ausgestellte Radhäuser, die serienmäßigen aber dezenten Seitenschweller sowie eine nicht unerheblich abfallende Coupé-typische Dachlinie.

Vom optional erhältlichen Farbspiel im Cup-Paket (das übrigens auch ein extrem sportliches Fahrwerk inklusive Differenzialsperre enthält) mit roter Linie mal abgesehen überzeugen uns die serienmäßigen Bremsen aus dem Hause Brembo. Mit den auffällig in Rot lackierten Bremssätteln ergibt die Bremboanlage einen harmonischen Kontrast zu den dunkelgrauen 18-Zoll-Leichtmetallrädern und der durchweg schwarzen Lackierung unseres Renault Mégane R. S. Coupés. Nicht weniger sportlich ist der Kompakte auf 235/40 R18-Rädern aufgestellt, die mit dem Geschwindigkeitsindex “V” sogar fast die Höchstgeschwindigkeit erlauben. Und der Trapez-förmige Diffusor am Heck des Renault Mégane R. S. umfasst geschickt das einzelne Abgasendrohr, was der Optik des Mégane einen krönenden Abschluss verleiht.

Beachtliche Leistungsentfaltung auf gediegener Bandbreite
Leistungsdaten sind bekanntermaßen nicht immer gleich Leistungsdaten. Die Zahlen sprechen zwar die harten Fakten des Fahrzeugs aus, dennoch ist die Entfaltung und Verwirklichung dieser mit vielerlei Unterschieden behaftet. Wer ab dem ersten Meter den Antriebsdruck sucht, ist mit einem durchzugsstarken Sechsender sicherlich besser beraten als bei einem zwangsbeatmeten Vierzylinder-Reihenmotor. Dennoch überzeugt bei letzterer Option meist der Kraftstoffverbrauch sowie die bedarfsgerechte Leistungsentfaltung bei Einsetzen des Turboladers.

Im Renault Mégane R. S. ist ein zweistufiger TwinScroll-Turbo verbaut, welcher den 2.0-Liter-TCe auf 250 PS und 340 Newtonmeter in der Spitze bringt. Der Sprint auf Tempo 100 wird in nur 6,1 Sekunden absolviert, in der Spitze erreicht der Renault Mégane R. S. sogar stolze 245 Km/h und ist damit 5 Zähler schneller als die GTI-Konkurrenz von Volkswagen. Ferner soll der Turbo bereits ab 1.900 Touren bis zu 80 Prozent des Durchzugsvermögens auf die Vorderräder treiben, der Ladedruck wurde dafür zuletzt noch auf 1,25 Bar angehoben. Im Schnitt wird für den Renault Mégane R. S. ein Verbrauch von nur 8,2 Litern angegeben, der im Test aber auch gerne mal verdoppelt wurde.

Renault Mégane R. S. leistet Überzeugungsarbeit bei mittleren Geschwindigkeiten
Der Einstieg gelingt dank der großzügig bemessenen Türen komfortabel, ebenso einfach wird der 2.0-TCe per Start-Stop-Button und Transponder gestartet. Der Klang des Turbo-Benziners wirkt dezent dumpf, kommt aber auch im Stand bei weitem nicht an die Akustik eines V6-Triebwerks heran. Die Kupplung ist beim Renault Mégane R. S. angenehm straff gehalten, das Gaspedal spricht auch im Alltagsmodus angemessen an. Ein zügiger Start an der Ampel lässt uns bequem und ohne große Mühen auf Tempo 100 schnellen, selbst bei frühzeitigem Wechsel der sechs eng abgestuften Gänge.

Nach einer moderaten Warm-Up-Phase in urbaner Zone, begeben wir uns auf die Landstraßen und entlocken dem Renault Mégane R. S. erste Kraftreserven. Der Turbo setzt wie versprochen bei knapp unter 2.000 Touren ein und zieht den Kompaktsportler mächtig vorwärts. Da sich keine geeignete ESP-off-Strecke ergab, beließen wir es beim Normal-Modus ohne “Sport” und ärgerten uns zugleich, dass das Gaspedal doch etwas direkter handeln könnte. Schnelle Gangwechsel sind dank der Sportschaltung ein Vergnügen, die folglich einsetzende Beschleunigung überzeugt ebenfalls – besonders bei Landstraßen-typischen Geschwindigkeiten kann der Renault Mégane R. S. deutlich punkten. Trotz der knappen Abstufung wird im dritten und vierten Gang eine geballte wie auch elastische Antriebskraft generiert, die sich zwischen 80 und 140 Km/h entfalten darf.

Doch der Kraftakt im Renault Mégane R. S. hat auch kleine Schattenseiten: Trotz des innovativen Independent Steering Axis System (kurz: ISAS), bei dem Federungs- und Dämpfungssystem von der Lenkachse getrennt arbeiten, verspüren wir im leistungsstarken Drehzahlbereich des Vierzylinder-Turbos ein unangenehmes Zerren der Antriebsräder. Ebendieses soll durch das ISAS eigentlich verhindert werden, einen Vergleich zum Cup-Fahrwerk mit mechanischer Differenzialsperre können wir leider nicht ziehen. Da sich der Effekt beim Renault Mégane R. S. jedoch auf die Drehmoment-Spitzenleistung oberhalb der 4.000 U/Min beschränkt, wird der Fahrspaß nur geringfügig getrübt. Im Gegenzug überzeugt uns das ISAS-Konzept bei schnittiger Kurvenlage, aus der wir problemlos und ohne großes Murren herausbeschleunigen können.

Umfangreiches Sicherheitspaket unterstreicht weitere Qualitätsaspekte
Ebenso wie uns die Fahrt im Renault Mégane R. S. Vergnügen bereitet, so sicher fühlen wir uns auch. Die Sportsitze umgeben die Taille und Schultern, das ESP sowie die Schlupfriegelung ASR müssen nur selten eingreifen und auch die Untersteuerkontrolle USC bringt den Renault Mégane R. S. bei Bedarf wieder in die richtigen Bahnen – von zahlreichen Airbags einmal abgesehen. Für den sportlichen Einsatz kann der ESP-Schalter gedrückt werden, um vom Normal- in den Sport-Modus zu wechseln. Hier setzen ESP, ASR und das ABS (Anti-Blockier-System) erst verspätet ein, ferner verändert sich das Ansprechverhalten vom Gaspedal zugunsten eines sportiveren Fahrstils. Für abgesperrte Rennstrecken bietet sich auch der Race-Modus an, welcher durch längeres Drücken auf den ESP-Schalter aktiviert werden kann. Hier reagiert das Gaspedal dank elektronischem Kennfeld nochmals spontaner, ESP sowie ASR sind gänzlich deaktiviert und das ABS greift ebenso verspätet ein wie im Sport-Modus.

Die Autobahnauffahrt gab uns anschließend die Gelegenheit, ab dem zweiten Gang die volle Bandbreite des Getriebes auszuschöpfen und vor allem den Topspeed zu testen. Die Leistungsentfaltung des Renault Mégane R. S. konnte auch hier weiterhin überzeugen, jedoch zeigt sich jenseits der 160 Km/h bereits der Verfall des Turboladedrucks sowie die entsprechend fehlende Durchzugsstärke bei hohem Luftwiderstand. Dennoch bringen uns der fünfte und sechste Gang noch recht zügig auf die Marke von Tempo 200 – und ziehen so manche neidische Blicke von Audi– und BMW-Fahrern auf das Renault Mégane R. S. Coupé. Trotz des recht windigen Wetters findet der Kompakte seinen Weg durch die Böen und bringt uns nach einer ausgiebigen Autobahnfahrt wieder sicher ans Ziel.

Positiv überraschendes Fazit mit kleinen Mankos
Der Renault Mégane R. S. konnte uns auf der (leider recht kurzen) Testfahrt positiv überzeugen. Die Verarbeitung mancher Bauteile und Applikationen im Interieur könnte zwar sichtlich besser sein, dafür beweist der Renault Mégane R. S. beim Fahrstil Fortschritt und verdient Respekt. Die Motorleistung wird angenehm, komfortabel und sinnvoll über die Gänge verteilt, darüber hinaus hält auch das Serienfahrwerk eine gute Kurvendynamik für selbstverständlich. Allein der Sound bleibt dem Fahrer etwas schuldig, da konnte uns ein VW Golf GTI leider mehr verwöhnen. Besonders bemerkenswert zeigte sich beim Renault Mégane R. S. auch die Bremsleistung der Brembo-Anlage, hier genügen von Tempo 100 bis zum Stillstand nur 36 Meter. Die Lenkung zeigt sich griffig und präzise, hier glänzt das beschriebene ISAS mit gelungenem Ergebnis – wenn auch beim Zerren der Räder unter Volllast noch Optimierungsbedarf besteht…

Aufgrund der bereits ausreichenden Serienausstattung bietet der Renault Mégane R. S. mit 26.950 Euro ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis an. Zum Vergleich: Der deutlich schwächere VW Golf 6 GTI mit 211 PS beginnt gerade mal 300 Euro darunter. Dafür kann man beim GTI jedoch eine deutlich wertigere Innenausstattung erwarten…

Unser Hauptautor und Chefredakteur. Hat eine Schwäche für Hothatches, Audi RS-Modelle und sonstige V8-Boliden. Privat bleibt er bislang der Marke VW treu.

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